Weihnachtsbrief 2024

Weihnachtsbrief 2024

Liebe GIRASSOL-Freunde,

es ist schon wieder so weit: das Jahr 2024 neigt sich seinem Ende entgegen; bald feiern wir wieder Weihnachten! Es ist also auch so weit, den diesjährigen GIRASSOL-Weihnachtsbrief zu verfassen und auf den Weg zu bringen. Die beiden Großprojekte, die in den zurückliegenden drei Jahren angepackt worden sind und viel Arbeit und Aufwand erfordert haben, werden mit Ende 2024 endgültig abgeschlossen sein. Zum einen wurde mit Geld von Sternstunden e.V. unsere Küche kernsaniert; unser Multifunktionsplatz hat eine Generalüberholung bekommen und wurde wetterfest gemacht, so dass er noch flexibler verwendet werden kann; und GIRASSOL und insbesondere die berufsbildenden Kurse haben eine digitale Infrastruktur „aus einem Guss“ erhalten, so dass wir diesbezüglich nun wirklich modern und zeitgemäß dastehen. In der GIRASSOL-Küche werden jährlich übrigens über 80.000 gesunde Mahlzeiten zubereitet - unglaublich, nicht wahr?! Und die Tatsache, dass man bei uns digital auf einem soliden, den Anforderungen in der aktuellen Arbeitswelt entsprechenden Fundament steht und ausbildet, trägt entscheidend dazu bei, dass die bei uns Ausgebildeten einen viel bessern Einstieg in eine gesetzeskonforme Anstellung finden. Im modernen Managersprech ausgedrückt, erreichen wir so high employability ;-))

 

Zum anderen wurde mit Förderung durch die Volkswagen Belegschafts-Stiftung die Bäckerei-Lehrwerkstatt so erweitert, dass doppelt so viele Leute ausgebildet werden können wie vorher. Die Auszubildenden dieses Kurses haben häufig schon Stellenangebote, bevor sie das Abschlusszertifikat in den Händen halten, können sich mit den erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten aber auch erfolgreich selbstständig machen. Das erklärt, warum sich um diese Ausbildungsplätze im Verhältnis die meisten Menschen bewerben: etwa 30 Personen auf einen Platz! Auch wurde die Elektrikerausbildung um das Modul robotics ergänzt, natürlich auch mit Blick auf die vergrößerten Chancen der Absolventen beim Finden eines Arbeitsplatzes. Die Fähigkeit, kleine elektronische Gerä­te/Apparaturen zu bauen, zu motorisieren und die erwünschten Bewegungsabläufe zu programmieren, verschafft unseren jungen Leuten klare Vorteile bei der Jobsuche.

 

Nach der lähmenden Pandemie-Zeit und den arbeitsintensiven „Modernisierungsjahren“, können wir bilanzieren, dass wir momentan in ruhigeren Gewässern navigieren. Selbstverständlich bringt jeder Tag in einer so großen Einrichtung wie GIRASSOL Überraschungen mit sich, präsentiert nicht vorhersehbare Herausfor­derungen, hält uns alle, hüben wie drüben auf Trab. Aber zurzeit gehen wir alle dem „Alltagsgeschäft“ nach: in Brasilien bewältigt das Team den Alltags-Betrieb, hier kümmert sich der Förderverein darum, die notwendigen Mittel für eben diesen Betrieb zusammenzutragen. Ihnen, unseren Lesern und treuen Unterstützern, möchten wir regelmäßig berichten, was mit den Mitteln, die Sie uns spenden, geschieht. Zweifelsohne gründet der Erfolg von GIRASSOL auf dem ganzheitlichen Konzept, nach dem wir vorgehen. Die Kinder und Jugendlichen/jungen Erwachsenen, die bei uns Aufnahme finden, stammen ausnahmslos aus extrem be­nachteiligten Verhältnissen und tragen einen schweren Rucksack mit sich: seelische Verletzungen, von Ge­walt geprägter Alltag, finanzielle (nicht selten existenzielle) Not, Depressionen getriggert durch die Per­spektivlosigkeit ihrer Herkunft, Lieblosigkeit, usw. Unser psychosoziale Dienst (PSD), der alle Aspiranten vor Aufnahme gründlich „durchleuchtet“, wird bei seinen Entscheidungen von zwei Grundsätzen geleitet: es muss belegbare Bedürftigkeit vorliegen und eine positive Sozialprognose vermutet werden können. Oft bringt der Hausbesuch bei den Bewerbern den entscheidenden Einblick ... Ab dem Augenblick, in dem ein dreijähriger Zwerg in die Kita geht, wird er nicht nur beaufsichtigt, gefördert, bekommt gesunde Mahlzeiten, lernt soziale Kompetenz und noch so viel mehr - erst wenn er ein Weilchen bei uns ist, wird klar, wo seine gravierendsten Defizite und seine erstaunlichsten Stärken liegen. Und dann beginnen sich die Rädchen zu drehen, die der Familie (oder den Menschen, bei denen das Kind aufwächst) helfen, mit ihrer manchmal tatsächlich verheerenden Lebenssituation besser umzugehen. Vielleicht werden gesundheitliche Auffällig­keiten erkannt und eine notwendige medizinische Behandlung angeschoben, Entwicklungsrückstände treten zutage und müssen zu­sätzlich angegangen werden. Fast immer sind unsere Kinder von völlig überforderten, alleinerziehenden Frauen abhängig, die selber dringend Unterstützung brauchen, welche der PSD dann übernimmt. Und dann, nach einiger Zeit, beginnen die Bemühungen Früchte zu tragen: die Kleinen werden ausgeglichener, gesprächiger, beteiligen sich mit zunehmender Freude an den Aktivitäten, gewinnen an Gewicht und Statur und ihre Mütter/ Bezugsper­sonen blühen auf, vertrauen sich den Profis an, denn sie merken, ihnen wird uneigennützig geholfen und ihre Familien fangen an, besser zu „funktionieren“.

 

Bei den Auszubildenden kann eins zu eins das eben Beschriebene aufgeführt werden, mit dem Unterschied, dass der Wunsch, zu uns zu kommen, meistens von den Bewerbern selbst ausgeht und die Rucksäcke, die sie mit sich herumschleppen, noch schwerer sind als die der Kinder, haben sie halt schon mehr erlebt. Auch hier muss Be­dürftigkeit auf anzunehmende gute Sozialprognose treffen. Und auch hier zeigt erst die Zeit, auf was besonders eingegangen werden muss. Da ist die Herausforderung mitunter, besonders bei Mäd­chen, dass die Menschen, bei denen sie leben, kein Verständnis für ihren Bildungseifer haben, die Vorteile einer Berufsausbildung überhaupt nicht erkennen und den jungen Menschen den Besuch in GIRASSOL am liebsten untersagen würden. Wieder muss der PDS auch mit den Angehörigen intensiv interagieren, meis­tens mit dem Ergebnis, dass letztendlich eingesehen wird, wie wichtig eine Ausbildung ist und dass der „widerspenstige“ Erwachsene im Grunde von Eifersucht und Kontrollverlustängsten geleitet wurde. Es ist immer ein mühsamer Weg - aber der Erfolg in Form von Ab­schlusszertifikat, Arbeitsplatz, entspannterem Miteinander im häuslichen Umfeld tritt so gut wie immer ein! Um Wissen und berufliche Fähigkeiten über­haupt vermitteln zu können, müssen bei unserer Klientel der seelische Ballast und die unzureichende Sozi­alkompetenz parallel zur Lehrtätigkeit angegangen werden. Und weil das er­kannt wurde und konsequent umgesetzt wird, ist der Ansatz ganzheitlich und wirkt sich so segensreich auf die Kinder und Jugendlichen und deren familiäres Umfeld aus und verändert ganz langsam Teile dieser benachteiligten Gesellschafts­schicht, in der besonders Frauen es wirklich schwer haben. Sehr oft schreiben Männer (Väter, Lebensab­schnittsgefährten, Brüder, Cousins, Ehemänner) ihnen vor, wie sie zu leben haben, kontrollieren sie, sind häufig übergriffig, gewalttätig und kommen ihren familiären und sozialen Verpflichtungen unzureichend oder gar nicht nach. Es sind in diesem Umfeld fast immer die Frauen, die für das Familieneinkommen zuständig sind, die Kinder allein erziehen und „den Laden zusammenhalten“. Und darum ist es nicht nur so wichtig die Frauen zu ertüchtigen und zu befähigen, es ist das tatsächlich Zielführende! 65% unser Kurs­teilnehmenden sind Frauen.

 

Durch unsere Initiative Chance+ wird immer für 12 Monate einer jungen Absolventin unseres Verwaltungs­grund­lagenkurses die Möglichkeit angeboten, in der GIRASSOL-Verwaltung/Sekretariat in einer gesetzeskonformen An­stellung zu arbeiten. Wer eine solche Stelle erhält, hat während der Ausbildung erkennen lassen, dass ihr hohes Potenzial innewohnt, sie aber noch einiger Fürsorge des PSD bedarf, ehe sie außer­halb von GIRASSOL ihr Leben gestalten kann. Die junge Frau arbeitet also bei uns, bezieht häufig zum ersten Mal den offiziellen Mindestlohn, sammelt Berufserfahrung und wird eng von Psychologin, Sozialar­beiterin und Krankenschwester begleitet, damit sie nach Ablauf eines Jahres wirklich flügge ist.

 

Andressa, heute 21 Jahre alt, ist im 4. Semester ihrer Ausbildung zur Diplomkrankenschwester. Tagsüber arbei­tet sie als Verwaltungsleiterin in einer öffentlichen Sozialstation, ernährt mit ihrem und dem Gehalt der nächst jüngeren Schwester die weiteren sechs Geschwister und die kranke Großmutter. Väter gibt‘s keine und die Mutter hat sich ebenfalls abgesetzt. Abends studiert sie, finanziert durch ein Stipendium, das 100% der diesbezüglichen Kosten deckt. Sie war vor vier Jahren Auszubildende bei uns, intelligent und mit klaren Zukunftsvorstellungen, jedoch psychisch absolut instabil, hoch suizidgefährdet. Es war ein harter Weg, der sie heute anderen hat ein leuchtendes Vorbild werden lassen.

Vanessa, heute 20 Jahre alt, wuchs in einer extrem dysfunktionalen Familie auf, mit viel Gewalt, ohne Liebe oder Vertrauen, emotional immer klein gehalten. Auch sie beendete den Verwaltungsgrundlagenkurs, war aber noch nicht in der Lage, sich im Berufsalltag zu behaupten. Nach einem Jahr Chance+ war sie so weit stabilisiert, sich in die Welt hinauszuwagen: sie ist im Logistikbereich des Kosmetikkonzerns NATURA zuständig für den Waren­fluss. Abends lernt sie Englisch. Sie wird weiterhin psychotherapeutisch betreut und kommt mittlerweile mit den Panikattacken und der tiefen Selbstunsicherheit gut zurecht.

Clara, fast 18 Jahre alt, beendete im Dezember 2022 den Verwaltungsgrundlagenkurs. Sie wusste schon immer, dass sie Jura studieren will, stand sich selbst aber mit ihren Selbstzweifeln, Panikattacken und dem alles verdun­kelnden Pessimismus im Weg. Auch sie schaffte es mit Chance+ aus dem Teufelskreis: seit Juni diesen Jahres arbeitet sie tagsüber in der Buchhaltung von MERZ do Brasil, geht abends zur Schule, bewirbt sich um ein Sti­pendium, um demnächst das Jurastudium anzutreten. Seit der gewalttätige Vater nicht mehr bei der Familie ist, blühen Mutter und Tochter regelrecht auf ...

Letícia, 17 Jahre alt, ist die aktuelle Begünstigte durch Chance+. Sie absolvierte zwei Kurse bei uns: erst Spiele­programmiererin, anschließend Verwaltungsgrundlagen, weil sie für sich darin eine bessere Möglichkeit sah, eine Anstellung zu finden und zum Familieneinkommen beitragen zu können. Voller Bewunderung beobachtete sie das jeweilige „Chance+Mädchen“ während ihrer eigenen Auszubildendenzeit und hoffte inständig, selbst diese Gele­genheit zu bekommen. Sie ist überglücklich, dass es geklappt hat. Ihre Eltern sind geschieden, pflegen ein ver­trägliches Verhältnis zueinander. Letícia und ihr älterer Bruder wachsen beim Vater auf - ganz ungewöhnlich . . . Dass die Mutter die Familie früh verließ, ist wohl der Grund für das mangelnde Selbstvertrauen der Tochter. Das junge Mädchen hat großen Spaß an der Arbeit, ist stolz auf das selbst verdiente Geld und entwickelt sich sehr positiv. Abends geht sie zur Schule und will danach Psychologie studieren.

 

Wir können von Paloma und Janete erzählen, die nach der Bäckerei-Ausbildung (in der sie auch gelernt haben, brasilianisches fingerfood herzustellen), sich mit einem kleinen Imbisslokal selbstständig gemacht haben. Da ist Eliana, die eine bescheidene Konditorei eröffnete, sich endlich von ihrem arbeitsscheuen, gewalttätigen Mann zu trennen wagte und der es geschäftlich so gut geht, dass sie die Räumlichkeiten erweiterte, um der wachsenden Nachfrage entsprechen zu können und inzwischen einen Lieferservice für ihre Backwaren aufbaut und somit zur Arbeitgeberin avancierte. Da gibt es die beiden zierlichen Frauen, die nach der Elektrik-Ausbildung einen Handy­reparaturservice aufgebaut haben - erfolgreich in dieser Männerdomäne! Verschiedene Absolventinnen des Schneidereikurses stellten sich auf die eigenen Füße mit einer kleinen Flickschneiderei, daheim an der eigenen Nähmaschine. Es gibt mehr als einen neuen Friseur/Schönheitssalon in der Nachbarschaft: die Lebensgrundlage einiger der Schönheitspflegekurs-Absolven­tinnen. All‘ diese Gründerinnen legten einen steinigen Weg zurück: gegen den Widerstand zuhause nahmen sie an der Ausbildung teil, überwanden ihre großen Selbstzweifel, be­kämpften ihre inneren Dämonen, ließen sich vom PDS helfen und wurden durch ein wirklich bescheidenes Start­kapital einer brasilianischen Stiftung darin unterstützt, den Schritt in ein selbstbestimmtes Leben zu riskieren. Mit umgerechnet ca. €250,- wur­den sie die Herrin über ihr eigenes Dasein, sorgen nun alleine für sich und ihre Kinder, mit denen sie nicht mehr der Willkür von deren Vätern ausgesetzt sind und dienen anderen als Vorbild, werden bisweilen zu Arbeitgeberinnen und verhelfen anderen zu einem Einkommen, verändern peu-à-peu vermeintlich Unab­änderliches.

 

Es war in diesem Brief jetzt einiges zu lesen über das Überwinden von Widrigkeiten. Sie erfuhren von einer ganzen Reihe von Menschen, die bei und durch GIRASSOL die Möglichkeit bekamen, ihrem Lebensverlauf eine Wendung zum Guten zu geben, die sich nur durch Bildung erzielen lässt. Sie, unsere Spender und Unterstützer verhelfen den Menschen zu der Chance, etwas Einkommen generierendes zu erlernen. Sie erst befähigen uns und das Team vor Ort durch Ihre Zuwendungen, das Bildungsangebot bereit zu halten und den Kindern und Auszubildenden den Weg aus der Armut in ein würdigeres Leben zu zeigen und zu ebnen. Es ist nicht mehr lange bis Weihnachten und so möchten wir den diesjährigen Brief mit der Geschichte von Rute und ihrer Familie beschließen - sie versinn­bildlicht die Weihnachtsbotschaft.

 

Vor Jahren entschloss Rute sich, den GIRASSOL-Schönheitspflegekurs zu besuchen. Sie hatte sich schon immer gewünscht, als Friseurin zu arbeiten. Sie war jung verheiratet und erwartete bald das erste Kind. Kurz aufeinander folgend bekam sie drei Töchter. Die junge Mutter ernährte mit ihrem Traumberuf bald drei kleine Mädchen und ihre eigene Mutter. In einer Garage, die dieser gehörte, richtete Rute sich ihren Friseurladen ein. Der Ehemann beehrte die Familie nur unregelmäßig mit seiner Anwesenheit, seine finanzielle Unterstützung findet auch nach diesem Prinzip statt. Die drei Mädchen, Melissa, Alicia und Eliza fan­den, als sie alt genug waren, Aufnahme in unserer Kita. Weil der Altersunterschied so gering ist und sie sich untereinander optisch unglaublich ähneln, weiß der Außenstehende nie ganz genau, welche von ihnen gerade vor ihm steht ;-)). Rute ist eine gute Unternehmerin und beherrscht ihr Handwerk. Ihr Laden lief so gut, dass sie sich vor knapp drei Jahren nach einer größeren Lokalität zum Mieten umsah. Sie erfuhr von dem Startkapital der brasilianischen Reconquista-Stiftung und bewarb sich darum. Es wurde ihr zugeteilt. Sprühend vor Tatendrang und Zuversicht erweiterte sie ihren Salon und er­öffnete das Studio Rute Rocha. Auf die Unterstützung ihrer Mutter war immer Verlass und so konnten die beiden Frauen den Alltag mit drei kleinen Kindern gut bewältigen. Kurze Zeit nach der Eröffnung des neuen Salons wurde bei Rute bei einer Routinevorsorgeuntersuchung eine Krebserkrankung diagnostiziert. Plötzlich war die dynami­sche 31-Jährige ein hilfloses Bündel aus Angst, Verzweiflung und Deprimiertheit. Die beiden Älteren ihrer Töchter gingen mittlerweile in die Grundschule, beide sehr gute Schülerinnen, die Jüngste besuchte noch unsere Kita. Die Großmutter versuchte tapfer, alles zu stemmen: die Kinder zu versorgen und der Tochter bei der Kräfte zehrenden Behandlung beizustehen. Es sprang unser PSD in die Bresche und fing mit den Profis vieles ab: Arlete als Diplom­krankenschwester begleitete die immer schwächer werdende Patientin durch die Behandlungsmodule, nahm ihr die größte Unsicherheit durch aufklärende Gespräche. Die Sozialarbeiterin kannte manche Möglichkeit, ein wenig staatliche Finanzunterstützung zu erlangen, um den Verdienstausfall der selbstständigen Friseurin abzumildern und die Psychologin leistete bei allen weiblichen Familienmitgliedern seelischen Beistand. Heute blicken alle fünf zurück auf diese bedrohliche Zeit voller Zukunftsängste und können es manchmal immer noch nicht glauben, was sie überwunden haben: OP, Chemotherapie, Bestrahlung, Schmerzen, Traurigkeit, Mutlosigkeit jedoch getragen von der Anteilnahme der Verwandtschaft, der Kundschaft des Salons und des unermüdlichen Beistands der GIRASSOL-Familie, die wohl ganz besonders den Mädchen beruhigende Geborgenheit geben konnte.

 

Melissa gehörte zusammen mit Ismael zu den ersten Kindern, die 2015 in die Kita aufgenommen wurden. Beson­ders der Junge Ismael wandte sich Melissa und ihrer Schwester voller Mitgefühl zu. Dieser Junge kennt sich mit seelischen Schmerzen aus. Er wurde als dreijähriger, schmächtiger kleiner Kerl von einer älteren Frau bei uns angemeldet, die ihn an Mutter statt aufzog wie ein eigenes Kind. Der Junge war in der Nachbarhütte der alten Frau von seiner Mutter einfach zurückgelassen worden - keiner wusste, wo diese abgeblieben war... Trotz allem war Ismael ein freundliches, kontaktfreudiges und vor allem sehr intelligentes Kind. Als er alt genug geworden war, eingeschult zu werden, musste die Mutter ihre Zustimmung erteilen. Nach unvorstellbaren Schwierigkeiten gelang es, den Aufenthaltsort der Mutter ausfindig zu machen: sie hatte sich in den Nordosten Brasiliens abge­setzt, etwa 2500km entfernt. Die Zustimmung zur Einschulung verweigerte sie und verbat sich jedwede weitere Belästigung im Zusammenhang mit dem Jungen, der es eh zu nichts bringen würde. Das Jugendamt entzog ihr das Sorgerecht und übertrug es der Ziehmutter. Der wissbegierige Ismael kam in die Schule und ist von Anfang an ein richtig guter Schüler, fröhlich und unternehmungslustig. Demnächst feiert der groß und kräftig gewordene Knabe seinen 12. Geburtstag, kommt noch zwei- bis dreimal wöchentlich nachmittags zu GIRASSOL, um im Kin­derchor zu singen, am capoeira-Unterricht und an Sport- und Spielaktionen oder Ausflügen teilzunehmen. An seine Mutter erinnert er sich nicht mehr, nennt seine Ziehmutter mamãe (Mama). Zusammen mit Melissa, Alicia und vielen anderen gehört er heute zur Gruppe jener Kinder, die der Kita längst entwachsen sind, die während ihrer ersten zwei Grundschuljahre halbtags in GIRASSOL betreut wurden und die nun das oben geschilderte An­gebot wahrnehmen. So wird der Kontakt gehalten und die Kinder können weiterhin gefördert und ihre Familien bei Bedarf unterstützt werden.

 

Rute hat zurück zu ihrer alten Dynamik und Zuversicht gefunden, sprüht wieder vor neuen Ideen, hat eine Wei­terbildung für professionelles Schminken absolviert und sich so einen zusätzlichen Kundenstamm erarbeitet. Sie hat wieder Hoffnung für sich und ihre Mädels. Und sie weiß heute, dass sie noch viel stärker ist, als sie je vermutet hätte. Der unbedingte Wille die lebensbedrohliche Erkrankung zu überleben, um ihre Kinder aufziehen zu können, hat sie gestählt und lässt sie das Leben aus einer völlig neuen Perspektive betrachten: Gesundheit ist das teuerste Gut, die Lebensfreude der Kinder das Wertvollste. Im Hause Rocha sind wieder Lebensfreude und Optimismus eingezogen, alles ist wieder im Gleichgewicht!

 

Auf das kommende Weihnachtsfest blickt diese Familie ganz besonders froh, dankbar und voller Hoffnung für die Zukunft. Ihnen und uns und der ganzen Welt wünschen wir, dass es gelingen möge, wenigstens Dankbarkeit und Hoffnung im Herzen zu tragen - das braucht diese unsere Welt so dringend wie Frieden! Wir danken Ihnen für Ihre Bereitschaft, GIRASSOL zu unterstützen und hoffen auf Ihre Verbundenheit auch im neuen Jahr, das sich uns allen wieder friedlicher zeigen möge. Wir sagen: „DANKE!“

 

Ihre

Andreas Krebs, Vorsitzender                              Dr. Thomas Schmidt, stellvertretender Vorsitzender

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